Spatzen als Nachbarn

Am 20. März ist Welt-Spatzen-Tag!

Haussperling

Als Kulturfolger des Menschen sind Spatzen in weiten Teilen der Welt zuhause. Dort, wo auch Menschen sind, sitzen die geselligen Singvögel fröhlich tschilpend in Hecken und Büschen und halten nach Essbarem Ausschau.

In der NABU-Aktion „Stunde der Wintervögel“ zählen Vogelfreunde die von ihnen gesichteten Vögel. Danach hält sich der Spatz in Berlin seit Jahren auf Platz 1 – allerdings mit negativem Trend. Wie viele Spatzen wirklich hier leben, lässt sich kaum belegen. In vielen Städten sind sie bereits aus dem Stadtbild verschwunden, sozusagen sang- und klanglos. In den letzten Jahrzehnten sind die Bestände so dramatisch zurückgegangen, dass der Haussperling (Passer domesticus), umgangssprachlich Spatz genannt, auf die Vorwarnliste der gefährdeten Arten aufgenommen wurde.

Nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist der Haussperling eine geschützte Art. Auch Brutstätten und Gelege unterliegen diesem Schutz, für dessen Umsetzung die Untere Naturschutzbehörde verantwortlich ist. In jüngster Zeit mussten in Berlin einige Bauvorhaben teilweise gestoppt werden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen zum Schutz dieser Gebäudebrüter missachtet wurden. Bei vielen ist das auf Unverständnis gestoßen. So viel Lärm um nichts?

Berlin wird oft als Hauptstadt der Spatzen bezeichnet. In Parks, wilden Ecken und unsanierten Gebäuden finden die Berliner Spatzen Lebensräume – noch. Zunehmende Flächenversiegelung und Gebäudesanierungen führen auch in Berlin zu Nahrungsmangel und einem Verlust an Nistmöglichkeiten. Warum fehlt es an naturnahen Flächen oder naturgerecht gepflegten Grünanlagen und Hausgärten?

Spatzen ernähren sich hauptsächlich von Früchten, Körnern und Getreide, gerne Weizen oder Samen von Wildgräsern. Von Frühjahr bis Sommer gehören auch Raupen und alle möglichen Krabbeltiere zu ihrem Speiseplan. In den ersten Tagen werden die Jungvögel fast ausschließlich mit zerkleinerten Insekten gefüttert. Danach wird allmählich der Anteil an Sämereien erhöht. Oft steht jedoch nicht genug Nahrung zur Verfügung, denn auch die Bestände an Insekten gehen in besorgniserregendem Ausmaß zurück. Zu wenig tierische Nahrung und zu viele Brotreste sind schädlich für die Aufzucht und gefährden die Bruterfolge. Wenn Blumen und Gräser während der Blütezeit gemäht werden, gibt es keine Körner und Früchte als Nahrung für Insekten und Vögel. Was bedeutet übermäßige und nicht fachgerechte Pflege von Grünflächen für die Artenvielfalt?

Besonders in Städten haben sich die erwachsenen Spatzen an das Nahrungsangebot angepasst und sind zu Allesfressern geworden – vorwiegend vegetarisch, von Brotkrümeln über Kuchenreste bis hin zu Pommes. Ist es da verwunderlich, dass so ein echter Berliner Spatz mit seinen Kumpels gerne in Biergärten und Cafés abhängt?

Spatzen sind Gebäudebrüter, eigentlich Höhlen- oder Nischenbrüter. Zum Überleben benötigen sie geeignete Nistplätze, hauptsächlich in Nischen an Gebäuden, in Baumhöhlen oder speziellen Nistkästen. Spatzen schätzen das gesellige Zusammenleben. Das Brüten als Brutgesellschaften in Kolonien bietet erhöhten Schutz vor Feinden. Spatzen sind von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang aktiv. Da kann es in so einer Spatzen-Kolonie schon mal ein bisschen laut zugehen. Wenn aus efeubewachsenen Hauswänden das geschäftige Tschilpen von Spatzen ertönt, erfreut sich mein Herz. Andere Nachbarn dagegen jammern über die Lautstärke. Haben sich die Menschen wirklich schon so sehr an den Straßen- und Stadtlärm gewöhnt, dass sie die lebendigen Klänge der Natur als Störung empfinden?

Spatz

Spatzen sind standorttreu. Besonders während der Brutzeit bleiben sie immer in der Nähe ihres Nestes. Leider werden Hecken und Büsche oft noch im Frühjahr radikal zurückgeschnitten. So verlieren die Spatzen ihre schützenden Verstecke – und das bedeutet zusätzlichen Stress für sie. Wäre das nicht durch achtsame Planung von Gartenarbeiten vermeidbar?

Neben einem Wasserbad lieben Spatzen ihre Staubbäder in feinem Sand. Damit halten sie ihr Gefieder von Parasiten frei. Mit zunehmender Versiegelung fehlt es immer mehr auch an diesen Flächen. Selbst in Gemeinschaftsgärten oder anderen Community Spaces nehmen scheinbare Naturfreunde für ihre Freizeitgestaltung immer mehr grünen Raum in Besitz – ohne viel Rücksicht auf das dort bisher angesiedelte Ökosystem. Aber sind es nicht im Grunde genommen viele Kleinigkeiten, die zusammen eine Gesamtheit ergeben? Im positiven wie im negativen Sinne? Vielleicht ein bisschen weniger Licht im Dunkeln aus Respekt vor Nachttieren und Insekten? Vielleicht ein bisschen weniger Gifte für Pflanzenschutz und Nagetiere, damit andere Tiere und Grundwasser nicht in Mitleidenschaft gezogen werden? Vielleicht einfach ein bisschen mehr Respekt und Mut zur friedlichen Koexistenz und Interessenausgleich?

Sonst wird das Szenario, vor dem Rachel Carson in ihrem 1962 erschienen Buch „Der stumme Frühling“ warnt, doch noch zu einer unumstößlichen Wahrheit und Artenvielfalt geht unwiederbringlich verloren.

(Fotos und Text: © Linda Schilling)